Wer beim Lotuseffekt an eine Yogaübung denkt, liegt nicht wirklich richtig. Wem hingegen als erstes die Blätter der Lotosblume in den Sinn kommen, ist der Sache schon bedeutend näher. Seit über 2000 Jahren stellt der Lotus ein Faszinosum innerhalb der Flora da. Wasser und Schmutz auf seinen Blättern perlen einfach ab, als wären sie nie dort gewesen.

Die Erklärung: Aufgrund seiner hohen Oberflächenspannung strebt Wasser immer nach möglichst kleinen Oberflächen, im Idealfall bilden die Tropfen eine Kugelform. Trifft ein Wassertropfen nun auf eine Oberfläche, treten normalerweise Gravitationskräfte und Adhäsionskräfte auf und das Wasser breitet sich als dünner Film aus. Bei den Blättern des Lotus ist die Oberfläche so beschaffen, dass die Adhäsionskräfte eher gering sind. Die Tropfen behalten deshalb ihre Kugelform bei und perlen mit den Schmutzpartikeln ab. Im Buddhismus wurde der Lotus deshalb zum Symbol für Reinheit und Schöpferkraft.

Was aber hat das alles mit gutem Sehen zu tun?

Nachdem man die natürliche Fähigkeit der Lotuspflanze, Flüssigkeit abzuweisen, vom Prinzip her verstanden hatte, baute man die Fähigkeit künstlich nach und suchte nach geeigneten Anwendungsmöglichkeiten, etwa auch in der Augenoptik. Ausgetüftelte Beschichtungen, die auf Gläser aufgetragen werden, so zeigte sich, führen dazu, dass Schmutz und Feuchtigkeit hier ebenfalls wenig Halt finden und abperlen. Genau wie bei der Lotuspflanze, weswegen diese Eigenschaft auch Lotuseffekt heißt.