
Myopie-Management bei Kindern: Kurzsichtigkeit korrigieren und langfristig bremsen
Immer mehr Menschen leiden unter Kurzsichtigkeit (Myopie). Experten schätzen, dass bis 2050 mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung betroffen sein könnte. Schon heute ist jedes fünfte Grundschulkind in Deutschland kurzsichtig, bei jungen Erwachsenen liegt der Anteil bereits bei 45 Prozent. Neben genetischen Faktoren sind vor allem die steigende Bildschirmzeit und der Mangel an Tageslicht verantwortlich, für die besorgniserregenden Zahlen bei Kindern. Mit den Möglichkeiten des Myopie-Managements lässt sich dieser Entwicklung frühzeitig entgegenwirken.
Warum Eltern aktiv werden müssen
Fast jedes zweite Kind in Deutschland hat keinen aktuellen Sehtest – entweder, weil es noch nie beim Augenarzt war oder der Test zwei oder mehr Jahre zurückliegt. Dadurch werden 60 Prozent der Sehfehler bei Kindern zu spät entdeckt.
Eine regelmäßige Prüfung des Sehvermögens und der Funktionsfähigkeit der Augen ist besonders wichtig, wenn in der Familie starke Fehlsichtigkeiten bekannt sind. Kurzsichtige Schulkinder sollten einmal jährlich ihre Augen überprüfen zu lassen, normalsichtige Schüler mindestens alle drei Jahre.
Besorgniserregend ist die Nutzung digitaler Geräte, die in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Denn zu viel „Nahsehen“ fördert das Längenwachstum des Augapfels und damit die Kurzsichtigkeit. Fast alle Kinder und Jugendlichen von 6 bis 18 Jahren (98 Prozent) nutzen ein Smartphone oder Tablet und verbringen damit im Schnitt fast zwei Stunden täglich.
Was Eltern tun können – Tipps für gesunde Kinderaugen
- Die Augen ihrer Kinder spätestens bis zum 3. Lebensjahr von einem Augenarzt untersuchen und testen lassen, und das unabhängig von den gesetzlich vorgeschriebenen U-Untersuchungen.
- Während der Jahre in der Schule spielerisch prüfen, ob ihre Kinder entfernte Autonummern oder Wegweiser mindestens genauso gut lesen können wie sie selbst (am besten mit jedem Auge einzeln).
- Für einen ausreichenden Abstand beim Lesen und bei Naharbeiten sorgen. Empfohlen: 30 bis 40 cm; nach 30 Minuten Lesen eine Pause von 10 Minuten einlegen.
- Bei den Sprösslingen auf Anzeichen für Sehprobleme achten: z. B. holpriges Lesen, Probleme beim Ballfangen, schnelles Ermüden beim Basteln und Malen.
- Zu täglichem Aufenthalt im Freien ermutigen, mindestens zwei Stunden am Tag.
- Die Zeit, die Kinder digitale Geräte nutzen dürfen, auf zwei Stunden am Tag begrenzen.
- Auch wenn das Schulkind keine Sehprobleme bekundet: alle drei Jahre zum Sehtest!
Wissenswertes zur Kurzsichtigkeit
Kurzsichtigkeit (Myopie) ist eine Fehlsichtigkeit, bei der nahe Objekte scharf, entfernte jedoch verschwommen gesehen werden. Dies entsteht, weil sich Lichtstrahlen vor statt auf der Netzhaut bündeln, oft bedingt durch ein zu schnelles Wachstum des Augapfels während der Wachstumsphase.
Ein normales Auge misst etwa 24 mm; schon ein Millimeter mehr führt zu -2,7 Dioptrien. Ab -3 Dioptrien spricht man von mittelstarker Kurzsichtigkeit, ab -6 Dioptrien von hoher Kurzsichtigkeit. Die Myopie beginnt häufig im Schulalter (6–12 Jahre).
Kinder, deren beide Elternteile kurzsichtig sind, haben eine Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent, selbst kurzsichtig zu werden. Einfluss haben auch Sehgewohnheiten und die Umwelt. Wenig Tageslicht, viel Aufenthalt in geschlossenen Räumen und dauerhaftes Nahsehen bspw. durch die übermäßige Nutzung digitaler Medien sorgen für die Entstehung von Kurzsichtigkeit.
Risiko Kurzsichtigkeit in Zahlen
- Bei einer Kurzsichtigkeit von -1 Dioptrie reduziert sich die Sehleistung in der Ferne auf ein Viertel, da der Kurzsichtige nur noch bis zu einem Meter scharf sehen kann.
- 60 Prozent der Sehstörungen werden bei Kindern erst sehr spät erkannt. Auch deshalb, weil die jungen Betroffenen es nicht merken. Wer immer schlecht sieht, kennt den Unterschied nicht. Schmerzen verursacht Kurzsichtigkeit nicht.
- 90 Prozent aller Sinneseindrücke nehmen wir über die Augen auf. Schlecht sehende Kinder können den Schulunterricht nur mit Mühe folgen. Sie ermüden schneller. Schwindende Motivation und abnehmendes Leistungsvermögen sind die Folgen.
- Kinder mit mangelnder Sehleistung nehmen das Verkehrsgeschehen verschwommen wahr, schätzen Entfernungen schlechter ein, reagieren zu spät. Auch bei schnellen Sportarten kann vieles ins Auge gehen. Pro Jahr ereignen sich beim Schulsport rund 12.600 Augenverletzungen.
- Bei einem zu schnell wachsenden Auge mit über -6,0 Dioptrien bzw. einer Augenlänge von mehr als 26,5 mm im ausgewachsenen Zustand ist das Risiko schwerer Augenerkrankungen wie Netzhautablösung oder Grüner Star erhöht.
Mit Myopie-Management Kurzsichtigkeit ausbremsen
Die Entwicklung und das Voranschreiten einer Kurzsichtigkeit können in der Regel weder vollständig gestoppt noch rückgängig gemacht werden. Doch es gibt innovative Möglichkeiten, die ein schnelles Voranschreiten der Kurzsichtigkeit verhindern. Die Wirksamkeit des sogenannten Myopie-Managements wurde in verschiedenen wissenschaftlichen Studien belegt.
Zu den Maßnahmen gehören das Tragen spezieller Brillengläser oder Kontaktlinsen, die Verwendung von Augentropfen, im Einzelfall auch operative Eingriffe. Optometrisches Sehtraining kann ebenso unterstützend sein. Welche Mittel für wie lange ergriffen werden, richtet sich nach der Art der Kurzsichtigkeit sowie den individuellen Bedürfnissen und Voraussetzungen der Kinder. Häufig ist eine Kombination unterschiedlicher Ansätze am erfolgreichsten. Auf Myopie-Management spezialisierte Augenoptiker, Optometristen und Augenärzte messen das Augenwachstum, erstellen Prognosen und geben Empfehlungen zur Behandlung. Der Erfolg hängt vom Alter, der Anwendungsdauer und regelmäßigen Kontrollen ab.
Hilfreich ist aber auch eine Veränderung des Lebensstils: längere Aufenthalte bei Tageslicht im Freien und eine reduzierte Nutzung digitaler Endgeräte entlasten die Augen.
Maßnahmen im Myopie-Management
- Brillengläser: Moderne Gläsertechnologien helfen, das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit bei Kindern zu verlangsamen. Sie kombinieren scharfes Sehen in der Ferne mit innovativen Mikrostrukturen, die das Auge in seinem Längenwachstum beeinflussen – ohne dass Träger*innen Unterschiede zu herkömmlichen Gläsern bemerken.
- Kontaktlinsen: Speziell für das Myopie-Management entwickelte Kontaktlinsen haben optische Zonen mit verschiedenen Brechwerten – je nach Art der Kurzsichtigkeit. Auch klassische Mehrstärkenlinsen (multifokale Kontaktlinsen) kommen zum Einsatz, um die Entwicklung der Kurzsichtigkeit auszubremsen.
- Ortho-K-Linsen: Die hoch sauerstoffdurchlässigen, formstabilen Orthokeratologie-Kontaktlinsen werden nur nachts getragen und formen die flexible Hornhaut. Kurzsichtige Kinder sehen dadurch tagsüber ohne Sehhilfe scharf und die Zunahme der Myopie wird verlangsamt.
- Atropin-Tropfen: Auch Atropin, ein Wirkstoff aus der Tollkirsche, kann das Wachstum des Augapfels bremsen. Die Augentropfen kommen über zwei Jahre bei Kindern zwischen 6 und 14 Jahren zum Einsatz, deren Kurzsichtigkeit jährlich um mindestens eine halbe Dioptrie zunimmt.
Eine Kombination verschiedener Ansätze ist häufig am wirkungsvollsten.
Pressetexte
- Presse-Themenservice "Myopie-Management": Handlungsbedarf (ZIP, 187 KB)
- Presse-Themenservice "Myopie-Management": Fakten zur Kurzsichtigkeit (ZIP, 176 KB)
- Presse-Themenservice "Myopie-Management": Fortschreitende Kurzsichtigkeit ist kein Naturgesetz (ZIP, 167 KB)
- Presse-Themenservice "Myopie-Management": Strategien und Maßnahmen (ZIP, 187 KB)
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