Akkommodation Auge
Rund ums Auge

Akkommodation (Auge)

Akkommodation | Bildquelle: © shapecharge / istockphoto.com
Experte Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Wesemann LesezeitStatistik

Was ist Akkommodation (Auge)?

In der Fachsprache beschreibt Akkommodation die Fähigkeit, die optische Brechkraft (Refraktion) der Linse so zu verändern, dass Objekte in unterschiedlichen Entfernungen scharf gesehen werden. Die Akkommodation ist also sozusagen die „Autofokus“-Funktion des Auges.

16 dpt
Am Anfang des Lebens kann die Augenlinse ihre Brechkraft um rund 16 Dioptrien anpassen.

Wie funktioniert Akkommodation?

Weil die Augenlinse elastisch ist, kann sie ihre Wölbung innerhalb kürzester Zeit verändern – je nachdem, ob Fern- oder Nahsicht gefragt ist. Damit sich die Linse wölbt und ihre Form verändert, braucht es aber Kraft. Die liefert der ringförmige Ziliarmuskel, der sie umgibt. Ist er angespannt, zieht sich die Linse wie eine Kugel zusammen. Ohne Anspannung, wird die Linse von den Haltebändern am Ziliarmuskel wieder flachgezogen. So steuert der Ziliarmuskel die Krümmung und damit die Brechkraft der Linse - je nach Abstand des Beobachters zum jeweiligen Gegenstand. Ein scharfes Bild auf der Netzhaut entsteht nämlich nur, wenn das einfallende Licht auf die „richtige“ Weise gebündelt wird. Deshalb muss das Auge für jeden Abstand neu „scharfgestellt“ werden.

Akkommodationsbereich – Fernpunkt und Nahpunkt

Der Bereich, in dem wir mit Hilfe der Augenlinse Objekte scharf erkennen können, wird auch als Akkommodationsbereich oder Akkommodationsbreite bezeichnet. Nur das, was zwischen unserem so genannten Nahpunkt und dem Fernpunkt liegt, sehen wir scharf. Nah- und Fernpunkt sind nicht nur bei jedem Menschen verschieden, sie verändern sich auch im Laufe des Lebens.

Am Anfang des Lebens ist die Linse noch sehr elastisch und kann ihre Brechkraft (Refraktion) durch Akkommodation um rund 16 Dioptrien anpassen. Damit kann sich das Auge von der Ferne bis zu einem Nahabstand von 6 cm scharf stellen.

Im Alter wird die Linse steifer und kann ihre Form nicht mehr so gut verändern. Gleichzeitig sinkt die Leistungsfähigkeit des Ziliarmuskels. Die Folge: Die Fähigkeit zur Naheinstellung nimmt ab, Gegenstände in der Nähe beginnen zu verschwimmen – erste Anzeichen der Alterssichtigkeit.

Fernakkommodation

Ist ein Objekt weit entfernt, fallen die Lichtstrahlen nahezu parallel ins Auge. In diesem Fall ist nur wenig Brechkraft erforderlich, um ein scharfes Bild zu erzeugen. Der Ziliarmuskel entspannt sich, die die Linse flacht ab.

Auge in Fernakkommodation: abgeflachte Linse | Bildquelle: Kuratorium Gutes Sehen e.V.Fernakkommodation

Nahakkommodation

Anders bei Nahsicht. Bei der Akkommodation für die Nähe bedarf es einer höheren Brechkraft, um die einfallenden Lichtstrahlen auf die Netzhaut zu fokussieren. Um das Licht dort zu bündeln, zieht sich der Ziliarmuskel zusammen und die Linse wölbt sich durch ihre eigene Elastizität nach außen. Je kugelförmiger die Linse, desto höher ihre Brechkraft.

Auge in Nahakkommodation: stark gewölbte Linse | Bildquelle: Kuratorium Gutes Sehen e.V.Nahakkommodation

Akkommodation und Adaption

Ein Begriff, der so ähnlich klingt wie die „Akkommodation“, aber eine andere Bedeutung hat, ist die „Adaption“. Die Adaption beschreibt die Anpassung des Auges an unterschiedliche Lichtverhältnisse. Für den Wechsel vom Dunklen ins Helle benötigt das Auge nur wenige Sekunden. Die Anpassung vom Hellen ins Dunkle dauert dagegen länger. Je unterschiedlicher die Lichtverhältnisse sind, umso länger dauert die Adaption.

Akkommodationsstörung

Wenn es schwerfällt, von Fernsicht auf Nahsicht zu wechseln, oder wenn Gegenstände in bestimmten Entfernungen nicht mehr scharf erkannt werden, ist es möglich, dass eine Akkommodationsstörung vorliegt.

Akkommodation und Kurzsichtigkeit (Myopie)

Die Ursache der Kurzsichtigkeit (Myopie), ist ein zu langer Augapfel oder eine zu hohe Brechkraft des Auges. Dadurch wird der Fernpunkt des Akkommodationsbereichs in die Nähe verschoben. Bei einer Kurzsichtigkeit von -2 Dioptrien liegt der Fernpunkt in einem Abstand von 50 cm. Für alles, was weiter entfernt ist, braucht dieser Kurzsichtige eine Seh-Korrektion. Nahe Objekte, die innerhalb des Akkommodationsbereichs liegen, können aber ohne Brille scharf gesehen werden.

Altersweitsichtigkeit (Alterssichtigkeit) | Bildquelle: Kuratorium Gutes Sehen e.V.Symptome Altersweitsichtigkeit (Alterssichtigkeit)

Akkommodation und Weitsichtigkeit (Hyperopie)

Nicht mit der Alterssichtigkeit zu verwechseln ist die Weitsichtigkeit, in der Fachsprache Hyperopie genannt. Ihre Ursache ist oft ein zu kurzer Augapfel. Weitsichtige können oft auch ohne Brille bis etwa zum 30. Lebensjahr sowohl in der Ferne als auch in der Nähe gut sehen – allerdings müssen sie zum Ausgleich der Weitsichtigkeit ihren Ziliarmuskel für die Akkommodationsleistung ständig anstrengen. Das führt oft zu Kopfschmerzen und Sehbeschwerden.

Ist die Weitsichtigkeit stark ausgeprägt, können Gegenstände in der Nähe trotz Akkommodation nicht mehr ohne Brille scharf erkannt werden.

Akkommodation und Alterssichtigkeit (Presbyopie)

Die bekannteste Störung der Akkommodation ist die Alterssichtigkeit (Presbyopie). Sie ist eine Augenveränderung, die jeden älteren Menschen betrifft. Denn im Laufe des Lebens nimmt die Elastizität der Augenlinse immer mehr ab. Mit 45 Jahren beträgt die Akkommodationsfähigkeit nur noch etwa 3 Dioptrien. Dann sieht man alles, was näher als ca. 33 cm ist, unscharf. In der Folgezeit braucht man zum Lesen in der Nähe eine Brille.

Akkommodation und starke Weitsichtigkeit bei Kleinkindern

Wenn die starke Weitsichtigkeit bereits im Kleinkindalter auftritt, führt die ständige Akkommodation oft zu einem Einwärts-Schielen (Esotropie) und in der Folge zu schwerwiegenden Sehentwicklungsstörungen. Dann ist eine augenärztliche Betreuung dringend erforderlich.

Behandlung einer Akkommodationsstörung

Bei einem Kind muss die Ursache einer Akkommodationsstörung auf jeden Fall augenärztlich abgeklärt werden.

Bei der Alterssichtigkeit reicht die Bestimmung einer Lesebrille oder Gleitsichtbrille durch einen Augenoptiker. Eine Alternative sind multifokale Kontaktlinsen, auch Gleitsichtkontaktlinsen genannt. Außerdem besteht die Möglichkeit, operativ eine Multifokallinse in das Auge einzusetzen. Letzteres ist z. B. möglich, wenn ein grauer Star festgestellt wurde, denn dann muss die körpereigene Linse ohnehin ersetzt werden. Multifokallinsen haben aber eine schlechtere Abbildungsqualität als eine Brille und sind deshalb nicht für alle Patienten geeignet.

Akkommodation und Lesebrille

Ab einem Alter von etwa 45 Jahren reicht die vorhandene Akkommodationsbreite nicht mehr aus, um sowohl in der Ferne als auch in der Nähe scharf zu sehen: Kleine Schrift oder Details beginnen zu verschwimmen. Viele Menschen gleichen das aus, indem sie Smartphone, Zeitung oder Buch weiter vom Auge weghalten. Spätestens dann brauchen auch Normalsichtige, die in ihrem Leben noch nie eine Brille getragen haben, eine Lesebrille (Nahbrille). Selbst die einfachen, preiswerten Modelle, welche in Drogerien oder Supermärkten angeboten werden, unterstützen die Akkommodation. Wer allerdings viel und lange liest, sollte eine augenschonendere, an das individuelle Sehen angepasste Lese- oder Gleitsichtbrille vom Augenoptiker wählen. Beide gleichen kleine Unterschiede zwischen den Augen oder eine Hornhautverkrümmung aus und sorgen so für komfortables, beschwerdefreies Sehen. Wer viel am Computer arbeitet, ist mit einer Bildschirmbrille besser beraten.

Mit einer Lesebrille korrigierte Altersweitsichtigkeit (Alterssichtigkeit) | Bildquelle: Kuratorium Gutes Sehen e.V.