Sehen im Straßenverkehr
Sehen im Straßenverkehr

Sehen im Straßenverkehr

Schlechtes Sehen im Straßenverkehr verursacht jährlich 300.000 Verkehrsunfälle, schätzt der Berufsverband der Augenärzte (BVA).

Der Sehtest für Autofahrer ist lebenswichtig | Bildquelle: Kuratorium Gutes Sehen e.V.
Experte Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Wesemann LesezeitStatistik

Vor allem während der dunklen Jahreszeit und bei schlechtem Wetter gefährden unentdeckte Sehschwächen wie Kurzsichtigkeit oder Nachtblindheit die Sicherheit im Straßenverkehr. Die Autofahrerbrille wurde speziell für das Autofahren entwickelt und bietet neben großen Brillengläsern und schmalen Rändern entspiegelte Brillengläser und polarisierende Brillengläser.

Gibt es gesetzliche Vorgaben für Sehtests?

Es gibt zwar kein Gesetz, dass vorschreibt, wie oft Autofahrer zum Sehtest müssen, um die Verkehrssicherheit nicht zu gefährden. Die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) legt jedoch fest, dass jeder Fahrzeugführer sicherstellen muss, dass er fahrtüchtig ist. Das umfasst eine Mindestsehschärfe von 70 Prozent. Wer das Gefühl hat, schlecht zu sehen und ohne Korrektion einen Unfall verursacht, den trifft in jedem Fall mindestens eine Mitschuld. Der Berufsverband der Augenärzte schätzt, dass jährlich 300.000 Unfälle passieren, weil Verkehrsteilnehmer nicht ausreichend gut sehen.

Sehen in der Dämmerung und bei Nacht

Unser Auge

Ein gesundes Auge kann sich schnell neuen Lichtverhältnissen anpassen. Wird es plötzlich dunkel, weiten sich die Pupillen. So können die Augen mehr Licht aufnehmen. Auch die Netzhaut des Auges stellt sich auf eine geringe Helligkeit ein. Interessant ist, was bei der nächtlichen Autofahrt in unseren Augen passiert.

Dämmerungssehen

Wenn es dunkel wird, arbeiten zum einen die sogenannten Zapfen, die für das Farbensehen zuständig sind. Zeitgleich werden die sogenannten Stäbchen aktiviert. Sie sind sehr lichtempfindlich und können nur schwarz-weiß sehen. Das heißt für das Sehen im Straßenverkehr bei Dämmerung: Die Zapfen erfassen die roten Rückleuchten der vorausfahrenden Autos. Die Stäbchen unterstützen das Sehen des dunklen Straßenrandes. Das ist der Bereich des „Dämmerungssehen“.

Nachtsehen

Wer sich z. B. in nächtlicher Dunkelheit in einem Wald bewegt, dem steht nur extrem wenig Licht zur Verfügung. Unter diesen Bedingungen ist Farbensehen nicht mehr möglich, da nur noch die sehr lichtempfindlichen Stäbchen arbeiten: Die Umgebung wird grau in grau wahrgenommen. Das ist der Bereich des „Nachtsehen“.

Wie funktioniert Dämmerungssehen? | Bildquelle: Rodan Can / unsplash.comDämmerungsehen Test

Störungen des Dämmerungssehens

Mit zunehmendem Alter verschlechtert sich das Dämmerungssehen, was leider auf sehr viele Menschen zutrifft. Dann kann das Autofahren sogar gefährlich werden. Ursachen dafür sind, dass sich die Sehschärfe und das Kontrastsehen verschlechtern. Entfernungen werden falsch eingeschätzt. Entgegenkommende Scheinwerfer erzeugen Streulicht, das alles andere überstrahlt. Dunkel gekleidete Fußgänger werden erst im allerletzten Moment erkannt. Diese Probleme können verschiedene medizinische und optische Ursachen haben.

Linsentrübung

Bei einer Linsentrübung (einen Grauen Star) nimmt u.a. auch die Blendempfindlichkeit zu. In diesem Fall erzeugen die Scheinwerfer des Gegenverkehres bei Nacht den Effekt eines Nebelschleiers. Die Fahrt wird so zum gefährlichen Blindflug. In diesem Fall sollte ein Augenarzt aufgesucht werden. Er kann Störungen des Dämmerungssehens feststellen. Mit einem speziellen Gerät, dem sogenannten Mesoptometer, misst er die Qualität des Kontrastsehens und die Blendempfindlichkeit. Wie bei vielen Sehproblemen gibt es auch beim Grauen Star eine Lösung: Per Augenoperation wird die trübe Linse gegen eine klare Kunstlinse ausgetauscht.

Nachtkurzsichtigkeit

Eine andere Ursache für die Störungen des Dämmerungssehens ist eine Nachtkurzsichtigkeit (Nachtmyopie). Sie ist eine besondere Form der Kurzsichtigkeit, von der sowohl Normalsichtige als auch Fehlsichtige betroffen sein können. Tagsüber sehen diese Menschen scharf und deutlich. Nachts haben sie dagegen Probleme, entfernte Gegenstände zu erkennen. Bei der Nachtkurzsichtigkeit hilft eine Brille, die nur bei Nachtfahrten getragen wird und das Sehdefizit ausgleicht.

Unser Tipp: Wer bei sich Auffälligkeiten beobachtet, sollten Nachtfahrten sofort einschränken und unbedingt einen Augenarzt oder Augenoptiker konsultieren. Zur eigenen Sicherheit und der aller Verkehrsteilnehmer.

Die echte Nachtblindheit

Bei der echten „Nachblindheit“ ist die Funktion der Stäbchen gestört. Dieses seltene Problem kann z. B. durch eine angeborene Erbkrankheit entstehen. Noch seltener führt ein Vitamin-A-Mangel oder eine Medikamenteneinnahme, die eine Verkleinerung der Pupille zur Folge hat, zu einer echten Nachtblindheit. Die Diagnose "Nachtblindheit" kann nur ein Augenarzt stellen. Wenn es sich um einen angeborenen Gendefekt handelt, ist die Krankheit nicht heilbar.

Gutes Sehen im Straßenverkehr: Gas geben – mit Umsicht

Gutes Sehen im Straßenverkehr: Gas geben – mit Umsicht

Diese kostenlose 16-seitige Broschüre informiert über gutes Sehen im Straßenverkehr. Welche Fehlsichtigkeiten beeinträchtigen die Fahrtauglichkeit und was muss eine Brille für Autofahrer leisten?

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Was Sie gegen Sehprobleme bei Dunkelheit tun können

Das Nacht- und Dämmerungssehen verschlechtert sich mit zunehmendem Alter. Das ist ganz normal. Bei einer Linsentrübung hilft eine Augenoperation. Bei einer Nachtkurzsichtigkeit hilft eine spezielle Brille, die die Nachtkurzsichtigkeit korrigiert. Wenn die Sehprobleme durch andere Krankheiten wie z. B. eine Makuladegeneration oder Diabetes hervorgerufen werden, hilft aber oft keine Brille und keine Operation. Dann sollten Sie die Warnhinweise Ihres Augenarztes ernst nehmen und gegebenenfalls auf Nachtfahrten verzichten.

Rundumsicht im Straßenverkehr: Das periphere Sehen

Legen Sie einmal beide Zeigefinger an Ihre Nasenspitze. Jetzt bewegen Sie beide Finger langsam voneinander weg. Den Bereich, in dem Sie die Finger noch erkennen – also Seheindrücke wahrnehmen – bezeichnet man als "Gesichtsfeld". Alle Seheindrücke aus dem Gesichtsfeld, selbst die unscharf wahrgenommenen, beeinflussen unser Sehen und damit auch unser Reaktionsvermögen.

So genannte "Gesichtsfeldausfälle" entstehen meist durch Augenerkrankungen. In der Folge werden andere Verkehrsteilnehmer oder Schilder zu spät wahrgenommen - der Crash ist vorprogrammiert! Lassen Sie daher beim nächsten Sehtest auch Ihr Gesichtsfeld überprüfen.

Was ist Stereosehen?

Halten Sie doch einmal ein Auge zu und greifen nach einem etwas weiter entfernten Gegenstand: Nicht so einfach, oder? Die Ursache ist schnell erklärt: Unsere Augen sehen den Gegenstand aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Aus beiden Bildeindrücken erzeugt unser Gehirn ein Bild mit Tiefenwirkung. Dank dieser Raumtiefe können wir Abstände abschätzen. Ohne diese Fähigkeit würden wir kaum ohne Hilfe oder Blechkontakt in eine Parklücke kommen.

Für das korrekte Abschätzen der Raumtiefe nutzt unser Gehirn aber nicht nur die Sehinformationen beider Augen. Auch andere Einflüsse, wie der Schattenwurf oder die Perspektive, liefern Anhaltspunkte.

Nachtblindheit beim Autofahren | Bildquelle: ADACNachtblindheit - Autofahren mit Brille

Eingeschränktes Farbensehen im Straßenverkehr

Farbsinnstörungen machen sich besonders bei der Unterscheidung von Rot- und Grüntönen oder Blau- und Gelbtönen bemerkbar. Diese Farben erscheinen dann, wie bei einem Schwarzweiß-Fernseher, in abgestuften Grautönen. Etwa acht Prozent der Männer und 0,8 Prozent der Frauen sind betroffen.

Im Straßenverkehr ist ein eingeschränktes Farbensehen zweifellos eine Gefahrenquelle, etwa wenn Schluss- oder Bremsleuchten vorausfahrender Fahrzeuge oder Ampelsignale nicht oder zu spät erkannt werden. Sollten Sie Probleme mit dem Farbensehen haben, richten Sie sich bitte im Verkehr danach: Halten Sie viel Abstand und überlassen Sie das Steuer jemand anderem, wenn Sie sich unsicher fühlen.

Wie beweglich sind Ihre Augen?

Grundvoraussetzung für eine gute Orientierung im Straßenverkehr ist, dass Augen und Kopf beweglich genug sind, um andere Verkehrsobjekte ausreichend schnell wahrnehmen zu können. Im Straßenverkehr muss das Auge ständig hin und her springen, um Straßenführung, Schilder und andere Verkehrsteilnehmer trotz unterschiedlicher Entfernungen stets im Blick zu haben. Voraussetzung dafür ist ein intaktes Zusammenspiel beider Augen, wobei jedes von sechs Muskeln gesteuert wird. Wenn Sie müde sind oder unter Alkoholeinfluss stehen, geht die Koordination rasch verloren. Auch Medikamente oder das Alter können die Wirkkraft der Augenmuskulatur beeinträchtigen. Wenn Sie Probleme feststellen, konsultieren Sie bitte Ihren Augenarzt.

Geblendet beim Autofahren | Bildquelle: Zeissblendende Scheinwerfer - Autofahren - Nachtblind - Straßenverkehr

So teuer ist mangelnde Fahreignung

Fahruntauglich am Straßenverkehr teilzunehmen ist kein Kavaliersdelikt. Geahndet wird das einerseits mit Verwarngeld, Bußgeld und Punkten. Wer etwa ohne Brille oder Kontaktlinsen am Steuer sitzt, obwohl das im Führerschein vermerkt ist, hat mindestens ein Verwarngeld zu zahlen. Doch es kann auch härter kommen: Bei Verkehrsgefährdung durch Fahruntauglichkeit drohen auch Fahrverbot und Freiheitsstrafe. Wer infolge geistiger oder körperlicher Mängel – auch wegen mangelnden Sehvermögens – Menschen oder fremde Sachen gefährdet, wird zu Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe verurteilt. Zudem steht auch der Versicherungsschutz auf dem Spiel.

Weiterführende Infos hier: www.bussgeldkatalog.org/fahren-ohne-brille/

Ersatzbrille im Auto

Für den Fall einer Reifenpanne haben Sie sicher einen Ersatzreifen oder zumindest die Rufnummer des Pannendienstes dabei. Und was machen Sie, sollte Ihre Brille unterwegs beschädigt werden oder kaputt gehen? Mindestens das aus der Mode gekommene, ausgemusterte Brillenmodell gehört als Notlösung ins Reisegepäck, vorausgesetzt, die Werte weichen nicht zu stark von den aktuellen ab. Die beste Lösung ist in jedem Fall eine Zusatzbrille mit identischer Dioptrienstärke. Bei Fahrten in die Schweiz ist das Mitführen einer Zweitbrille sogar Pflicht.